Von Zertifikaten und Grabräubern

Wie ich versuchte mit “normalen” Index-Zertifikaten während des Arabischen Frühlings in Ägypten zu investieren und wie ich lernte, dass bei Derivaten am Ende meistens der Kunde der Dumme ist und nicht die emittierende Bank. Mein entgangener Gewinn von 50% Rendite lehrt mich wieder einmal künstlichen Finanzprodukten zu misstrauen.

Die Finanzkrise von 2008 habe ich verschlafen. Jetzt war die Zeit des Handelns gekommen, dachte ich mir.  Mein Studienaufenthalt in den USA hat es mir nicht möglich gemacht am Boden der Krise groß einzukaufen und auf bessere Zeiten zu warten. Ich hatte damals auch noch den Eindruck, dass ich mich noch nicht gut genug auskenne um tatsächlich das scheinbare Risiko einzugehen dann zu kaufen wenn alle verkaufen. Wenn doch in den Medien schon alle Zeter und Mordio schreien – wer bin ich mich dagegen zu stellen? Ich hatte noch nicht die Lektüre entscheidender Börsianer abgeschlossen. Warren Buffett und Gefolge predigen seit Jahrzehnten sich gegen diese offensichtliche Panik zu stellen und besonnen zu handeln.

Beim Start des Arabischen Frühlings war ich vorbereitet und wusste, was zu tun war – dachte ich zumindest. Als Ägypten Kopf stand, der Präsident abgesägt wurde und die Straßen voller Demonstranten waren, stand das Land mit samt seiner Wirtschaft still. Selbst die Börsen hatten nach riesigen Abgaben in Folge des Abzugs großer Summen ausländischer Investoren den Laden dicht gemacht und den Handel eingestellt. Ich war mir sicher, dass wenn erst mal der politische Trubel vorüber ist, Ägypten einen Wirtschaftsaufschwung haben wird, der seines gleichen sucht. Selbst wenn es mit der Demokratie nicht funktionieren sollte, wird irgendwann wieder ein starker und stabiler Staatszustand erreicht werden. Alles andere würde schon allein Europa nicht zulassen. Besonders Frankreich ist an einer stabilen Mittelmeerregion interessiert. Ich war bereit in Ägypten zu investieren sobald die Börsen wieder geöffnet hatten und alles auszusitzen bis die besseren Zeiten einbrechen.

Mir war klar, dass bei Börseneröffnung ein Kursstand des ägyptischen Aktienindexes erreicht wäre, der so tief sein würde wie es nur nach einer politischen Krise möglich ist. Ein Kurs also der tief genug ist um die Wertpapiere bei diesem Kaufpreis wenn nötig ewig im Portfolio halten zu können.

Ein transparentes Indexzertifikat auf den ägyptischen Markt war die Lösung.

Da die Börsen in Ägypten geschlossen hatten und alle Aktien vom Handel ausgesetzt waren, wollte ich also einen Kauf tätigen zum schnellstmöglichen Zeitpunkt nach Börseneröffnung. Ich spekulierte nämlich auch auf eine Kurskorrektur zur extremen Delle, der Überschwang wird meist ganz schnell wieder ausgeglichen wenn die Panik sich legt und die Investoren feststellen, dass nicht alles verloren ist. Wie sollte ich aber in den Markt schnellstmöglich investieren? Die deutschen Handelsportale ließen nicht einmal Orders auf die Aktien zu, um dann kaufen zu können wenn die Börsen wieder öffneten. Und welche Aktien sollte ich kaufen? Der ganze ägyptische Aktienindex EGX30 macht doch viel mehr Sinn. Ein transparentes Indexzertifikat auf den ägyptischen Markt war die Lösung. Mit so einem Konstrukt kann ja nicht viel schief gehen. Kein Hebel, kein Bonus, keine Level – eine einfach Spiegelung des Index – das wollte ich, und das Emittentenrisiko nahm ich in Kauf. Wenn einem die Risiken der Zertifikate bewusst sind, kann man diese ja mit einberechnen. Wie sich noch herausstellen wird, kannte ich aber nicht alle Risiken. Ich habe die Abzocke der Banken – die mich um meinen ägyptischen Grabesschatz brachten – nicht mit einkalkuliert.

egx30
roter Pfeil = EG30 nach Börseneröffnung. Hier wollte ich kaufen.

Ich fand also ein Indexzertifikat auf den EGX30, emittiert von der Royal Bank of Scotland. Dieses war nämlich noch gelistet und konnte geordert werden. Auch hier war erkennbar, dass keine Indexnachbildung möglich war, wenn in Ägypten keine Geschäfte offen hatten. Ich gab meine Kauforder ab und verlängerte die Ordergültigkeit auf zwei Monate, da ich nicht wusste wann die Börsen wieder öffnen würden. Sobald dies geschieht, so meine Vorstellung, würde der Kauf des Zertifikats direkt durchgehen und wäre am abgebildeten Index zu tiefen Einstiegspreisen beteiligt. Da ich den ersten Eröffnungskurs wollte orderte ich “billigst” um Vorrang vor allen Limits zu bekommen.

Gekauft. Und der Kurs war so hoch wie vor dem Crash.

Schön und gut, doch der Plan ging nicht auf. Ich dachte, dass ich meinen Augen nicht trauen könne, als ich ein paar Tage später dich Durchführung des Kaufs bemerkte. Die Börsen hatten noch immer geschlossen – aber das Zertifikat wurde gekauft und der Kurs war so hoch wie vor dem Crash. Wie war das möglich? Wie kann ein Abbild des Index für ein Zertifikat erstellt werden und ein Kurs berechnet werden wenn die Börsen noch gar keine Preise liefern? Meinem Emittenten ist es gelungen, auf meine erboste Nachfrage antwortete RBS wie folgt:

Wie wir Ihnen schon geschrieben haben, hatten wir aufgrund der großen Nachfrage seitens unserer Kunden beschlossen, für dieses Zertifikat auf den ägyptischen EGX 30 Index wieder Kurse zu stellen. Aufgrund der sehr hohen Nachfrage und dem Wunsch einer schnellen Wiederaufnahme des Zertifikates wurde das Ägypten EGX 30 Index Open End Zertifikat vor dem eigentlichen Eröffnungstermin am 20.02.2011 indikativ gepreist. Dafür wurden Näherungswerte von einzelnen Titeln genommen um einen indikativen ersten Preis zu erstellen. Die Kurse, die gestellt werden, basieren auf Indikatoren ägyptischer Aktien, die außerhalb von Ägypten notiert sind. Vor allem in London notierte GDRs auf ägyptische Aktien dienen als Basis für die approximative Bepreisung auf den Index.

Indikative Kurse zu stellen steht uns als Bank zu und ist dafür gedacht den Bedürfnissen unserer Kunden gerecht zu werden. Wir bitten um Ihr Verständnis.

Es hatten also noch eine ganze Reihe anderer Investoren dieselbe Idee wie ich. Gut, das kommt vor. Jedoch hat wahrscheinlich niemand damit gerechnet, nur weil die Bank sich diese Prämien nicht entgehen lassen will, dass das Zertifikat mit Traumpreisen und völlig unrealistischen Kursen wieder in den Handel gestellt wird.

Ich habe also statt zu 50 € (= 5000 Punkte), wo der Kurs nach Wiedereröffnung liegen sollte, das Zertifikat zu völlig übertriebenen 88€ gekauft. Zwei Tage später – die Börsen hatten noch immer geschlossen – wurde der erfundene Kurs der RBS bereits auf 70€ berichtigt. Ich bin froh, dass ich sofort verkauft habe statt abzuwarten – sonst hätte ich den Crash bei Wiedereröffnung auf 50€ mitmachen müssen.

Der Emittent hat die Kurse einfach erfunden

Wie viel Geld mir entgangen ist lässt sich heute leicht berechnen. Mit einem Zählerstand von 7.590 hätte ich heute noch einen Verlust von ca. 14% wenn ich das Papier behalten hätte. Hätte der Emittent bei ehrlicher Preisgestaltung den Kurs bei Wiedereröffnung abgebildet, statt sich Kurse irgendwoher aus den Fingern zu saugen, hätte ich einen Gewinn von ca. 50% mitgenommen.

Ein lehrreiches Stück Wahnsinn aus dem Börsenzoo. Selbst Indexzertifikate sind für mich nicht mehr vertretbar. Ja ich hätte das wahrscheinlich sogar irgendwo im Kleingedruckten nachlesen können – aber wenn die Bank einen Weg findet Geld abzuschöpfen wird sie ihn gehen. Ich mache da nicht mehr mit.

euer Pari

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